Jubiläumsveranstaltung: 10 Jahre Voith von Voithenberg-Stiftung

Jubiläumsveranstaltung am 8. März 2020 - 10 Jahre Voith von Voithenberg-Stiftung im Kunstmuseum Bayreuth, Maximilianstraße 33, 95444 Bayreuth.

Programm zur Veranstaltung:

Die Voith von Voithenberg-Stiftung wurde zum 10-jährigen Bestehen des Kunstmuseums Bayreuth und anlässlich des 100. Geburtstages von Gerda Voith von Voithenberg von der Tochter Erdmute Voith von Voithenberg Ende 2009 eingerichtet mit einer großen Ausstellung ihrer Werke in der Stadtbibliothek eröffnet. Ein besonderer Anlass ist nun im Rahmen der Feierlichkeiten und Ausstellungen zum 20-jährigen Bestehen des Kunstmuseums in Bayreuth gegeben, auch den 10-jährigen Geburtstag der Stiftung feierlich am 8.3.2020 mit und in dem Kunstmuseum zu begehen.

Eine wesentliche Aufgabe der Stiftung ist die Pflege, Erhaltung und Aufarbeitung des Sammlungsbestandes und des künstlerischen Nachlasses von Gerda und Hans Voith von Voithenberg und dessen Veröffentlichung durch Darstellungen im Internet und in Buch- oder Papierform und durch Ausstellungen mit den Werken von Gerda Voith von Voithenberg. Dazu ist in den letzten 10 Jahren vieles umgesetzt worden und in diesen Rahmen reiht sich die Jubiläumsveranstaltung mit dem nachfolgenden Programm besonders feierlich ein:

„ÜBERzeichnet“ – Karikaturen aus der Zeit des Expressionismus

Um 11:00 Uhr findet Eröffnung der Ausstellung „ÜBERzeichnet“ – Karikaturen aus der Zeit des Expressionismus - aus den Stiftungen und Sammlungen des Kunstmuseums, u.a. mit Zeichnungen von Gerda Voith von Voithenberg und ein Rundgang durch die Ausstellung statt.

Nachmittags 15:00 Uhr folgt eine Lesung von Jan Burdinski aus den „Kasperl-Theaterstücken auch für Erwachsene“ von Hans Voith von Voithenberg, Auszüge aus: „Die Wildente“
(Jan Burdinski ist Intendant und leitet seit 1994 den „Fränkischen Theatersommer“, der sich in wenigen Jahren zur „Landesbühne Oberfranken“ weiterentwickelt hat)

Und ca. 15:30 Uhr Theater mit Puppen - Thomas Glasmeyer spielt „Fauste“. Der "Akt" ist ein "best-off", ein Schnellstdurchlauf durch Faust I u. II. Frei nach Goethe wird, in einer neu erstellten Textversion, die alte Geschichte von Heinrich Faust erzählt, der seine Seele dem Teufel verkauft, um Erkenntnis, vor allem aber Spaß zu gewinnen. Text, Ausstattung und Spiel: Thomas Glasmeyer
(30-jähriges Bühnenjubiläum - Theater mit Puppen Thomas Glasmeyer alias piccolo teatro espresso 2019)

Zu Gerda Voith von Voithenberg, ihrem Wirken und den ausgestellten Werken einige Anmerkungen:

Gerda v. W. Seitenportrait Aufnahme Adalbert Hof 1933

Gerda von Waldenfels 1933

Gerda von Voithenberg, geb. von Waldenfels (1909 – 2001) hat für die damalige Zeit als Mädchen und junge Frau einen ungewöhnlichen Ausbildungs- und Berufsweg eingeschlagen. In Bayreuth geboren, z. T. in der Kämmereigasse 4 aufgewachsen (welch ein Zufall, dass sie nun ein paar Häuser weiter im Kunstmuseum mit ihren Werken zu finden ist), hat sie im ersten möglichen Jahrgang 1919 als Mädchen das humanistische Gymnasium Christian Ernestinum besucht und 1928 die Reifeprüfung abgelegt. Nach dem Abitur war sie in England, um die Sprache fließend zu lernen. Die Überfahrt unternahm sie mit dem Oceanliner „Columbus“ dorthin.

Finanziell und auch ideell durch ihren Großvater Robert Wunnerlich in Hof unterstützt, hat sie sich für ein Studium an der Staatsschule für angewandte Kunst in München bei den Professoren Klein und Teutsch von 1930 – 1934 für Kunst und Englisch und Kunstgeschichte bei den Professoren Wells und Pinder an der Universität München entschieden. Die Kombination „Kunst und Englisch“ für das Lehramt als Regelstudium gab es allerdings in Bayern nicht. Vor dem Staatsexamen 1934 für Kunsterzieher in München studierte sie in den Jahren 1931 – 1933 an der Akademie für Kunstgewerbe bei den Professoren Albiker und Klemm und an der TH Dresden Englisch und Philosophie bei Prof. Bäumler. Interessanterweise hat auch der Künstler Friedrich Böhme bei Prof. Albiker während dieser Zeit in Dresden studiert. Nach der Abschlussprüfung in München war sie in den Meisterateliers in Königsberg bei Prof. Partikel und an der Universität Königsberg für das weitere Englischstudium bei Prof. Spira und für Kunstgeschichte bei Prof. Worringer. 1937 legte sie die staatliche Abschlussprüfung dort für Englisch ab und hatte damit die Qualifikation zum Lehrberuf in Königsberg und mit besonderer Anerkennung des preußischen Ministeriums auch an anderer Stelle in Preußen tätig zu sein. Sie wählte aber den Weg nach Baden-Württemberg in die Urspringschule bei Blaubeuren und war dort und später in Bayreuth an der Städtischen höheren Handelsschule von 1937 – 1949 tätig. Sie trat sehr schnell aus dem Lehrerbund aus. Als „Unbelastete“ war sie nach Kriegsende als Übersetzerin für die amerikanischen Besatzungstruppen tätig.

Gerda von Voithenberg war während der Jugend und als junge Frau schon immer ein Mensch, der „gegen den Strich gebürstet“ hat. Der Weg war in dieser Zeit für eine Frau mehr als steinig.

Bei Prof. Albiker war sie als einzige Frau in der Klasse für angewandte Plastik. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 mussten die Professoren Groß, Albiker, und Klemm in Dresden aus politischen Gründen aus der Universitätslaufbahn ausscheiden. Prof. Klemm wählte 1933 den Freitod. Für Gerda von Voithenberg waren dies bittere Erfahrungen, die sie mit provokativen Skizzen, scharfem Strich und ironischen Karikaturen beantwortete.

In Königsberg schloss sie sich dem Kreis der „Unangepassten“ bei Prof. Worringer und Prof. Partikel an. 1935 wurde in der Presse zu einer Ausstellung der Meisterateliers zu den Werken von Gerda von Voithenberg folgendes beschrieben und besprochen:

„Die eigenwilligen Arbeiten der Gerda v. Waldenfels! Diese steht dem spezifischen Schulgesicht der Partikel-Klasse noch am fernsten, wofür u. a. kennzeichnend ist, dass Gerda von Waldenfels ihr Bestes in der Zeichnung gibt, deren Linien in der herben Kraft ihrer ausdrucks-vollen Formen entfernt an Arbeiten Barlachs und Noldes erinnern, während bei den anderen Schülern Ölbilder und Aquarelle bestimmend wirken“.

Heute analysiert dazu Frau Dr. von Assel, die Leiterin des Kunstmuseums Bayreuth: „Im Übertreiben wird das Objekt der Vermittlung aus seinem gewohnten Zusammenhang herausgelöst. Im übertragenen Sinne richtet man ein Vergrößerungsglas darauf und macht es sichtbar. Paradoxerweise erscheint das so Herausgehobene durch diesen Akt der Vergrößerung aber auch als lächerlich und klein. ……….Selbst ein Hakenkreuz kann so, wie bei von Voithenberg, zu einem modischen Statement werden.“

„Äh, wozu denn pour le merite, Hakenkreuzsmokingfliege tut's auch!!“,
30er Jahre, Federzeichnung auf Papier, halber Kopf

Modisches Hakenkreuz an der bayerischen Tracht
Veräppelung der Nazis, 1933, Bleistift/Feder-Zeichnung

„Ätsch, ich habe ein Hakenkreuzbonbon“, 1933,
Veräppelung der Nazis, colorierte Stift-Zeichnung

In Hans von Voithenberg, den Gerda von Waldenfels 1942 heiratete, fand sie den idealen intellektuellen, belesenen und kreativen Partner mit viel hintersinnigem Humor. Es verband beide eine Beziehung von gegenseitigem Respekt. Beide ergänzten sich außergewöhnlich gut. Hans war schon früh in seiner Jugend durch seine humanistische Ausbildung am Wilhelmsgymnasium in München tief in die Antike der Griechen und Römer getaucht und zog daraus besonders viele humorvolle Ideen für Theaterstücke, die er schrieb und anfangs mit Cousine und Vetter im Familienkreis zur Aufführung brachte. Später hat seine Gedichte, Novellen und Theaterstücke Gerda von Voithenberg illustriert. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als in den fünfziger Jahren für die arbeitenden Frauen die „Rolle rückwärts“ an Heim und Herd in eine gewisse langweilige Spießigkeit führte, hat sich das Ehepaar von Voithenberg gemeinsam mit interessierten Bekannten und Freunden der Kunst und Literatur gewidmet. So entstand der frivole Zyklus der Literaturrätsel für die privaten Treffen im Literaturkreis in Bayreuth.

Aus dem Zyklus „Literaturrätsel“:

„Verlust der Mitte“ von Hans Sedlmayr, 1950iger Jahre, Mischtechnik

„Mephisto“ von Klaus Mann, 1950iger Jahre, Mischtechnik

Evtl. „Ulysses“ von James Joyce, 1950iger Jahre, Mischtechnik

„Moulin Rouge“, Biographie Henri de Toulouse-Lautrec von Pierre La Mure, 1950iger Jahre, Mischtechnik

„Lust for Life“ von Irving Stone 1934, Biographische Novelle über Vincent van Gogh, 1950iger Jahre, Mischtechnik

„Giorgiones Liebesleid“ von Franz Spunda, 1950iger Jahre, Mischtechnik

„Der Maler und sein Modell“ von Pablo Picasso, 1950iger Jahre, Mischtechnik

Nach der Geburt der Tochter Erdmute 1950 widmete Hans von Voithenberg seine schriftstellerischen Tätigkeiten auf Kasperl-Theaterstücke, auch für Erwachsene. Sein Vorbild und Inspiration waren die Kasperl-Theaterstücke und -komödien des Grafen Franz von Pocci. Gerda von Voithenberg stellte für die Aufführungen die Bühnenbilder, Figuren und Kostüme her.

Zum Theaterstück „Modenschau“

Gerda Voith von Voithenberg

Gerda Voith von Voithenberg

Gerda Voith von Voithenberg