Verabschiedung von Frau Dr. Marina von Assel

Verabschiedung von Frau Dr. Marina von Assel am 31.1.2024 als Leiterin des Kunstmuseums Bayreuth in den Ruhestand

Lesen Sie hier die Dankesrede der Stifterin der Voith von Voithenberg-Stiftung, Erdmute Voith von Voithenberg und die Artikel der Redakteurin des Nordbayerischen Kuriers, Frau Ute Eschenbacher.

Die Worte von Dr. Marina von Assel beim Abschied
„Passen Sie auf mein Museum auf“

Die langjährige Leiterin des Kunstmuseums, Marina von Assel, ist am Mittwoch verabschiedet worden. Die Interimsleitung für ein Jahr übernimmt Kunsthistorikerin Alexandra Kuhnke.

BAYREUTH. Kaum eine andere ist mit dem Bayreuther Kunstmuseum so eng verbunden wie sie. Marina von Assel war eine hochgeschätzte und qualifizierte Leiterin an der Spitze des noch jungen Museums, das im Jahr 1999 eröffnete. Viele Weggefährten wollten Marina von Assel für ihre erfolgreichen Jahre in Bayreuth danken. Nicht wenige aus der Kunst- und Kulturszene blicken mit Sorge in die Zukunft angesichts der angespannten finanziellen Lage der Stadt.

Oberbürgermeister Thomas Ebersberger erinnerte an die „lange Erfolgsgeschichte“ des Kunstmuseums unter seiner engagierten Leiterin, die mit einer kleinen Sammlung von Kunstgegenständen begonnen habe. Der frühere Oberbürgermeister Dieter Mronz, der ebenfalls unter den Gästen war, habe wesentlich zur Gründung des Kunstmuseums im Alten Rathaus beigetragen. Bekanntlich leide die Stadt „nicht unter zuviel Geld“, sagte Ebersberger. Alles, was vorhanden sei, solle bewahrt und auch in Zukunft ausgestellt werden. Er wisse jedoch, dass es in der Praxis häufig darum gehe, den Mangel zu verwalten. Dennoch sei die Stadt interessiert daran, dass es mit dem Kunstmuseum weitergehe. „Bayreuth hat sich immer schon als Kultur- und Kunststadt verstanden.“

Wie die Arbeit des Kunstmuseums „vernünftig“ weitergeführt werden könne, sei noch zu klären, so Ebersberger. Und zwar „in einer Dimension, die für Bayreuth passt“. Der Stadtrat müsse bei allen Entscheidungen mitgehen. Die bisherige stellvertretende Leiterin des Kunstmuseums, Alexandra Kuhnke, werde die Aufgaben von Marina von Assel zwischenzeitlich übernehmen. Nach einem Jahr werde die Stelle voraussichtlich ausgeschrieben. Stifterin Erdmute von Voithenberg von der „Voith von Voithenberg“-Stiftung würdigte die gute Zusammenarbeit mit von Assel seit Gründung der Stiftung im Jahr 2009. Die Kunst von Gerda Voith von Voithenberg, ihrer Mutter, Mitglied der Freien Gruppe, füge sich ein in das Gesamtkonzept des Museums. Fast 25 Jahre lang habe von Assel als „hoch qualifizierte, spezialisierte Leiterin“ ein Kunstmuseum aufgebaut, dessen Ruf über die Grenzen Oberfrankens hinaus reiche. Ihr „außergewöhnliches Fachwissen und Engagement“ führte zu einem Anwachsen der Kunstwerke durch weitere Stiftungen und Schenkungen. Grundlage der Sammlung sind neben der „Dr. Helmut und Constanze Meyer Stiftung“, die „Prof. Dr. Klaus Dettmann Kunststiftung“, die „Voith von Voithenberg-Stiftung“, die „Georg Jakob Best Kunststiftung mit Viola Schweinfurter“ und die drei Dauerleihgaben der Oberfrankenstiftung – die Sammlungen „Caspar Walter Rauh“, „Werner Froemel“ und „A.D.Trantenroth“ und die „Georg Tappert Schenkung“. Mit Mitteln aus dem Nachlass von Günter Ruckdäschel wurden Zeichnungen von George Grosz angekauft. Die Freunde des Kunstmuseums ermöglichten den Ankauf der „Götterdämmerung“ von Harald Duwe. Im Jahr 2023 kamen weitere Schenkungen hinzu: Francois Morellet, Werner Froemel, Ferdinand Röntgen, Fritz Föttinger, Caspar Walter Rauh, Hannsjörg Voth und Peter F. Piening. „In den Stiftungen und Sammlungen bewahrt das Museum nun circa 25 000 Kunstwerke und 25 000 Plakate auf.“ Der Schwerpunkt liegt auf der Kunst des 20. Jahrhunderts, was einzigartig in Oberfranken sei. Die Museumspädagogik, ein Newsletter, Führungen durch die Ausstellungen, Internetangebot und Youtube-Filme sowie „erstklassige Kataloge“ würden zum guten Ruf des Museums beitragen. Von Assel habe über ihr Netzwerk „herausragende Qualität“ auf dem Gebiet der Malerei, Graphik und Skulptur nach Bayreuth gebracht. Durch ihre Kontakte sei ein hochwertiges Ausstellungsprogramm erarbeitet worden. „Und das gilt es, auf für die Zukunft zu erhalten!“, mahnte sie. Sachbearbeiterstellen seien nicht oder nicht voll nachbesetzt worden. Zwar sei die Stelle von Kuhnke aufgestockt worden. Doch die Leitungsstelle müsse ebenfalls nachbesetzt werden, „um den hervorragenden künstlerischen und kunsthistorischen Standard“ beizubehalten. „Die Stadt hat auch die Verpflichtung, ein Kunstmuseum vorzuhalten“, verwies sie auf die Stiftungssatzungen, die unter anderem die kostenlose Ausstellung der Kunstgegenstände vorsehen.

Der Vorsitzende der Freunde des Kunstmuseums, Ekkehard Beck, bezeichnete die Einrichtung als „lange überfälliges Zeichen der Kulturstadt Bayreuth“. Von Assel sei es gelungen, die Vielfalt der Sammlung zu präsentieren. Der Freundeskreis habe 10 000 Euro für Museumspädagogik, 13 000 Euro für den Ankauf von Kunstwerken sowie 10 000 Euro für die Vermittlung von Künstlern gespendet. „Das Dreamteam“ an der Museumsspitze sei „jetzt leider radikal ausgedünnt“. Marina von Assels Begeisterung und Enthusiasmus würden in Zukunft fehlen, so Beck.

Die scheidende Museumsleiterin sagte, sie werde den Oberbürgermeister beim Wort nehmen. Sie habe vier Oberbürgermeister und sieben Kulturreferenten in ihrer Amtszeit erlebt. Doch ohne Dieter Mronz und Erwin Pflaum wäre sie damals nicht von Schleswig-Holstein nach Bayreuth gekommen. Ihr „Kind“, das Kunstmuseum, könne „jetzt alleine laufen“. Sie bedankte sich bei allen Spendern und Stiftern für ihre Schenkungen. „Vielen Dank für das Vertrauen in das junge Museum.“ Das Kunstmuseum sei eines der Künstler und Sammler. „Das ist ein Museum des Bürgerengagements.“ Am Anfang des Jubiläumsjahres brauche das Museum weiterhin Unterstützung. „Kultur ist keine freiwillige Leistung“, sagte zu unter dem Beifall der Gäste. Das kulturelle Erbe zu bewahren, sei Teil der Bayerischen Verfassung. „Wenn wir uns nicht um unsere Vergangenheit kümmern, leben wir im luftleeren Raum.“ Sie habe in Bayreuth viele Freunde gewonnen. Zum Schluss appellierte sie an diese: „Passen Sie auf mein Museum auf, denn es ist Ihr Museum.“

Quelle: Nordbayerischer Kurier, 1.2.2024. Autorin: Ute Eschenbacher

„Kultur ist keine freiwillige Leistung“

Mit Marina von Assel verlässt das Kunstmuseum eine leidenschaftliche Kuratorin und Kunstkennerin. Ihre Nachfolge: offen

Ausgerechnet im Jahr des 25. Geburtstages des Bayreuther Kunstmuseum fehlt dem Haus eine Leitung. Nun natürlich nicht ganz: Die stellvertretende Leiterin übernimmt die Organisation und Verwaltung und plant für Dezember ein Jubiläumsprogramm. Dennoch ist vieles nach dem Abschied von Marina von Assel ungewiss, zum Beispiel, wann ihre Stelle ausgeschrieben wird. Bekanntlich ist die Stadt Bayreuth zum Sparen gezwungen. Die Personalkosten zählen naturgemäß zu den größten Ausgabenposten.
Ein Haushalt ist aber immer eine Frage der Prioritäten. Was ist also Kultur der Stadt Bayreuth wert, die sich selbst gern als Kulturstadt bezeichnet?
Marina von Assel hat zum Ende ihrer Amtszeit einen Satz formuliert, der nachhallt: „Kultur ist keine freiwillige Leistung.“ Damit sprach sie vielen Menschen, denen eine vielfältige Kulturszene in Bayreuth am Herzen liegt, aus der Seele. Kultur ist keine freiwillige Leistung! Kultur ist ein wesentlicher Bestandteil des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Kultur bringt Menschen zusammen, ermöglicht Erkenntnis, Diskussion und Reflexion über Gegenwart und Vergangenheit. Kultur unterhält, überrascht und überfordert zuweilen. Kultur ist ein verbindendes Element in einer Zeit, in der radikale Kräfte versuchen, die Menschen zu spalten und Angst zu schüren. Kunst und künstlerisches Schaffen stehen für Freiheit und Toleranz. Auch deshalb braucht die Stadt weiterhin ein Kunstmuseum.

Quelle: Nordbayerischer Kurier, 3.2.2024. Autorin: Ute Eschenbacher

Einige Fotos von der Veranstaltung von Erdmute von Voithenberg

Foto oben: Ute Eschenbacher, von links: Dr. Beck, Erdmute von Voithenberg, Dr. Marina von Assel, Geschäftsführer Seewald-Oberfrankenstiftung
Alexandra Kuhnke überreicht Frau Dr. Marina von Assel das Abschiedsgeschenk.
Zahlreiche Gäste bei der Verabschiedung.
Kulturreferent Benedikt Stegmayer im Gespräch.
Stadtrat Dr. Specht im Gespräch mit Altoberbürgermeister Dr. Dieter Mronz.
Barbara Frömel und Benedikt Stegmayer
Oberbürgermeister Thomas Ebersberger im Gespräch mit Dr. Beck

AUSSTELLUNG „SCHAU MICH AN! – Portraits aus den Sammlungen“ im Kunstmuseum Bayreuth – 12.3. bis 4.6.2023

Ausstellungseröffnung: Sonntag, 12. März 2023, 11.00 Uhr

Das Interesse an menschlichen Darstellungen ist alt. Diese waren schon an den Wänden von steinzeitlichen Höhlen zu finden. Abbildungen der menschlichen Figur waren und sind uns vielleicht die vertrautesten Bilder überhaupt. Hier begegnen uns konkrete Individuen aus anderen Zeiten und Kulturen.

Die Ausstellung vom 12. März bis zum 4. Juni 2023 zeigt Portraits und Selbstportraits aus vier Stiftungen und zahlreichen Sammlungen im Kunstmuseum Bayreuth und aus der Zeit vom späten 19. Jahrhundert bis heute. Sie führt dabei unterschiedliche Techniken der Druckgraphik, der Zeichnung und der Malerei vor Augen und zeigt verschiedene Möglichkeiten, Menschen darzustellen, wiederzugeben oder zu visualisieren: Expressionismus, Surrealismus, Neue Sachlichkeit, Pop Art und Konzeptkunst gehen in dieser Ausstellung Hand in Hand.

 

In Bildern ist die Zeit still gestellt. Dies gilt in besonderer Weise für Portraitdarstellungen, wo uns Menschen aus unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten begegnen: Fluxus-Künstler schauen auf Soldaten des Ersten Weltkrieges, Unbekannte der Straße aus den zwanziger Jahren auf Künstlerinnen und Sammler der sechziger Jahre, Künstler der Nachkriegszeit auf Renaissance-Malerfürsten oder auf Musiker der Barockzeit.

100 Künstlerinnen und Künstler aus den Sammlungen des Museums sind in der Ausstellung vertreten: Max Beckmann, Käthe Kollwitz, Georg Tappert, Otto Dix, Elfriede Lohse-Wächtler, Karl Hubbuch, Horst Janssen, Alfred Hrdlicka, Horst Antes, Carl Fredrik Reuterswärd, Werner Froemel, Anton Russ, Georg Jakob Best, Ulrike Andresen oder Gerda Voith von Voithenberg haben bekannte und unbekannte Zeitgenossen portraitiert oder sich Künstlerkollegen aus der Musik, der Literatur und der bildenden Kunst verschiedener Jahrhunderte gewidmet. Manche haben einen großen Teil ihres Werkes vor allem darauf verwendet, immer wieder einen kritischen Blick auf das eigene Selbst zu richten. Und alle abgebildeten Personen blicken auf die Museumsbesucher, die vor den Bildern stehen und schauen. So kommunizieren Menschen auf verschiedene Weise über Bildgrenzen und Lebenszeiten hinweg miteinander.

Die Dargestellten offenbaren uns Erlebnisse und Erfahrungen – vor allem – in ihren Gesichtern. Wir werden zurückversetzt in ihre Zeit, nehmen Anteil am Leid des Ersten Weltkrieges, sehen das Berlin der unruhigen zwanziger Jahre im Alltag und in den Vergnügungen von Zirkus und Königin-Bar, aber auch Sorgen und Vorahnungen angesichts des aufziehenden Faschismus, und wir begleiten das Ringen darum, nach Auschwitz und Hiroshima überhaupt noch Menschenbilder zu malen. Dass Persönlichkeit vielfältig sein kann, ist unbestritten. Einige Künstler tragen einem fluiden Menschenbild Rechnung: Carl Fredrik Reuterswärd nimmt die Diskussion mit Marcel Duchamps „RRose Selavy“ – als „c’est lavis - bleu“ – auf. Und Brian O’Doherty thematisiert fünf verschiedene Personae in dem vom irischen Alphabet inspirierte „Shimmering I’s“.

Die Ausstellung wird begleitet durch einen Katalog und durch ein Vermittlungsprogramm für alle Menschen.

Hans Voith von Voithenberg, o. J., Aquarell, 39,1 x 30,5 cm

Selbstportrait, o.J., Aquarell und Buntstift auf Aquarellpapier, 48,8 x 35,9 cm

Selbstportrait, 1940er, Öl auf strukturierter Pappe, 60 x 50 cm

Portrait Hans von Voithenberg, Sep. 1946, Bleistiftzeichnung, 39,1 x 30,5 cm

Portrait eines Modells aus Studienzeiten in Dresden, 1932 /33, Aquarell-Tempera, 65 x 50 cm

Seiten-Portrait eines Modells aus Studienzeiten in Dresden, 1932 /33, Aquarell-Tempera, 65 x 45 cm

Jubiläumsveranstaltung: 10 Jahre Voith von Voithenberg-Stiftung

Jubiläumsveranstaltung am 8. März 2020 - 10 Jahre Voith von Voithenberg-Stiftung im Kunstmuseum Bayreuth, Maximilianstraße 33, 95444 Bayreuth.

Programm zur Veranstaltung:

Die Voith von Voithenberg-Stiftung wurde zum 10-jährigen Bestehen des Kunstmuseums Bayreuth und anlässlich des 100. Geburtstages von Gerda Voith von Voithenberg von der Tochter Erdmute Voith von Voithenberg Ende 2009 eingerichtet mit einer großen Ausstellung ihrer Werke in der Stadtbibliothek eröffnet. Ein besonderer Anlass ist nun im Rahmen der Feierlichkeiten und Ausstellungen zum 20-jährigen Bestehen des Kunstmuseums in Bayreuth gegeben, auch den 10-jährigen Geburtstag der Stiftung feierlich am 8.3.2020 mit und in dem Kunstmuseum zu begehen.

Eine wesentliche Aufgabe der Stiftung ist die Pflege, Erhaltung und Aufarbeitung des Sammlungsbestandes und des künstlerischen Nachlasses von Gerda und Hans Voith von Voithenberg und dessen Veröffentlichung durch Darstellungen im Internet und in Buch- oder Papierform und durch Ausstellungen mit den Werken von Gerda Voith von Voithenberg. Dazu ist in den letzten 10 Jahren vieles umgesetzt worden und in diesen Rahmen reiht sich die Jubiläumsveranstaltung mit dem nachfolgenden Programm besonders feierlich ein:

„ÜBERzeichnet“ – Karikaturen aus der Zeit des Expressionismus

Um 11:00 Uhr findet Eröffnung der Ausstellung „ÜBERzeichnet“ – Karikaturen aus der Zeit des Expressionismus - aus den Stiftungen und Sammlungen des Kunstmuseums, u.a. mit Zeichnungen von Gerda Voith von Voithenberg und ein Rundgang durch die Ausstellung statt.

Nachmittags 15:00 Uhr folgt eine Lesung von Jan Burdinski aus den „Kasperl-Theaterstücken auch für Erwachsene“ von Hans Voith von Voithenberg, Auszüge aus: „Die Wildente“
(Jan Burdinski ist Intendant und leitet seit 1994 den „Fränkischen Theatersommer“, der sich in wenigen Jahren zur „Landesbühne Oberfranken“ weiterentwickelt hat)

Und ca. 15:30 Uhr Theater mit Puppen - Thomas Glasmeyer spielt „Fauste“. Der "Akt" ist ein "best-off", ein Schnellstdurchlauf durch Faust I u. II. Frei nach Goethe wird, in einer neu erstellten Textversion, die alte Geschichte von Heinrich Faust erzählt, der seine Seele dem Teufel verkauft, um Erkenntnis, vor allem aber Spaß zu gewinnen. Text, Ausstattung und Spiel: Thomas Glasmeyer
(30-jähriges Bühnenjubiläum - Theater mit Puppen Thomas Glasmeyer alias piccolo teatro espresso 2019)

Zu Gerda Voith von Voithenberg, ihrem Wirken und den ausgestellten Werken einige Anmerkungen:

Gerda v. W. Seitenportrait Aufnahme Adalbert Hof 1933

Gerda von Waldenfels 1933

Gerda von Voithenberg, geb. von Waldenfels (1909 – 2001) hat für die damalige Zeit als Mädchen und junge Frau einen ungewöhnlichen Ausbildungs- und Berufsweg eingeschlagen. In Bayreuth geboren, z. T. in der Kämmereigasse 4 aufgewachsen (welch ein Zufall, dass sie nun ein paar Häuser weiter im Kunstmuseum mit ihren Werken zu finden ist), hat sie im ersten möglichen Jahrgang 1919 als Mädchen das humanistische Gymnasium Christian Ernestinum besucht und 1928 die Reifeprüfung abgelegt. Nach dem Abitur war sie in England, um die Sprache fließend zu lernen. Die Überfahrt unternahm sie mit dem Oceanliner „Columbus“ dorthin.

Finanziell und auch ideell durch ihren Großvater Robert Wunnerlich in Hof unterstützt, hat sie sich für ein Studium an der Staatsschule für angewandte Kunst in München bei den Professoren Klein und Teutsch von 1930 – 1934 für Kunst und Englisch und Kunstgeschichte bei den Professoren Wells und Pinder an der Universität München entschieden. Die Kombination „Kunst und Englisch“ für das Lehramt als Regelstudium gab es allerdings in Bayern nicht. Vor dem Staatsexamen 1934 für Kunsterzieher in München studierte sie in den Jahren 1931 – 1933 an der Akademie für Kunstgewerbe bei den Professoren Albiker und Klemm und an der TH Dresden Englisch und Philosophie bei Prof. Bäumler. Interessanterweise hat auch der Künstler Friedrich Böhme bei Prof. Albiker während dieser Zeit in Dresden studiert. Nach der Abschlussprüfung in München war sie in den Meisterateliers in Königsberg bei Prof. Partikel und an der Universität Königsberg für das weitere Englischstudium bei Prof. Spira und für Kunstgeschichte bei Prof. Worringer. 1937 legte sie die staatliche Abschlussprüfung dort für Englisch ab und hatte damit die Qualifikation zum Lehrberuf in Königsberg und mit besonderer Anerkennung des preußischen Ministeriums auch an anderer Stelle in Preußen tätig zu sein. Sie wählte aber den Weg nach Baden-Württemberg in die Urspringschule bei Blaubeuren und war dort und später in Bayreuth an der Städtischen höheren Handelsschule von 1937 – 1949 tätig. Sie trat sehr schnell aus dem Lehrerbund aus. Als „Unbelastete“ war sie nach Kriegsende als Übersetzerin für die amerikanischen Besatzungstruppen tätig.

Gerda von Voithenberg war während der Jugend und als junge Frau schon immer ein Mensch, der „gegen den Strich gebürstet“ hat. Der Weg war in dieser Zeit für eine Frau mehr als steinig.

Bei Prof. Albiker war sie als einzige Frau in der Klasse für angewandte Plastik. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 mussten die Professoren Groß, Albiker, und Klemm in Dresden aus politischen Gründen aus der Universitätslaufbahn ausscheiden. Prof. Klemm wählte 1933 den Freitod. Für Gerda von Voithenberg waren dies bittere Erfahrungen, die sie mit provokativen Skizzen, scharfem Strich und ironischen Karikaturen beantwortete.

In Königsberg schloss sie sich dem Kreis der „Unangepassten“ bei Prof. Worringer und Prof. Partikel an. 1935 wurde in der Presse zu einer Ausstellung der Meisterateliers zu den Werken von Gerda von Voithenberg folgendes beschrieben und besprochen:

„Die eigenwilligen Arbeiten der Gerda v. Waldenfels! Diese steht dem spezifischen Schulgesicht der Partikel-Klasse noch am fernsten, wofür u. a. kennzeichnend ist, dass Gerda von Waldenfels ihr Bestes in der Zeichnung gibt, deren Linien in der herben Kraft ihrer ausdrucks-vollen Formen entfernt an Arbeiten Barlachs und Noldes erinnern, während bei den anderen Schülern Ölbilder und Aquarelle bestimmend wirken“.

Heute analysiert dazu Frau Dr. von Assel, die Leiterin des Kunstmuseums Bayreuth: „Im Übertreiben wird das Objekt der Vermittlung aus seinem gewohnten Zusammenhang herausgelöst. Im übertragenen Sinne richtet man ein Vergrößerungsglas darauf und macht es sichtbar. Paradoxerweise erscheint das so Herausgehobene durch diesen Akt der Vergrößerung aber auch als lächerlich und klein. ……….Selbst ein Hakenkreuz kann so, wie bei von Voithenberg, zu einem modischen Statement werden.“

„Äh, wozu denn pour le merite, Hakenkreuzsmokingfliege tut's auch!!“,
30er Jahre, Federzeichnung auf Papier, halber Kopf

Modisches Hakenkreuz an der bayerischen Tracht
Veräppelung der Nazis, 1933, Bleistift/Feder-Zeichnung

„Ätsch, ich habe ein Hakenkreuzbonbon“, 1933,
Veräppelung der Nazis, colorierte Stift-Zeichnung

In Hans von Voithenberg, den Gerda von Waldenfels 1942 heiratete, fand sie den idealen intellektuellen, belesenen und kreativen Partner mit viel hintersinnigem Humor. Es verband beide eine Beziehung von gegenseitigem Respekt. Beide ergänzten sich außergewöhnlich gut. Hans war schon früh in seiner Jugend durch seine humanistische Ausbildung am Wilhelmsgymnasium in München tief in die Antike der Griechen und Römer getaucht und zog daraus besonders viele humorvolle Ideen für Theaterstücke, die er schrieb und anfangs mit Cousine und Vetter im Familienkreis zur Aufführung brachte. Später hat seine Gedichte, Novellen und Theaterstücke Gerda von Voithenberg illustriert. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als in den fünfziger Jahren für die arbeitenden Frauen die „Rolle rückwärts“ an Heim und Herd in eine gewisse langweilige Spießigkeit führte, hat sich das Ehepaar von Voithenberg gemeinsam mit interessierten Bekannten und Freunden der Kunst und Literatur gewidmet. So entstand der frivole Zyklus der Literaturrätsel für die privaten Treffen im Literaturkreis in Bayreuth.

Aus dem Zyklus „Literaturrätsel“:

„Verlust der Mitte“ von Hans Sedlmayr, 1950iger Jahre, Mischtechnik

„Mephisto“ von Klaus Mann, 1950iger Jahre, Mischtechnik

Evtl. „Ulysses“ von James Joyce, 1950iger Jahre, Mischtechnik

„Moulin Rouge“, Biographie Henri de Toulouse-Lautrec von Pierre La Mure, 1950iger Jahre, Mischtechnik

„Lust for Life“ von Irving Stone 1934, Biographische Novelle über Vincent van Gogh, 1950iger Jahre, Mischtechnik

„Giorgiones Liebesleid“ von Franz Spunda, 1950iger Jahre, Mischtechnik

„Der Maler und sein Modell“ von Pablo Picasso, 1950iger Jahre, Mischtechnik

Nach der Geburt der Tochter Erdmute 1950 widmete Hans von Voithenberg seine schriftstellerischen Tätigkeiten auf Kasperl-Theaterstücke, auch für Erwachsene. Sein Vorbild und Inspiration waren die Kasperl-Theaterstücke und -komödien des Grafen Franz von Pocci. Gerda von Voithenberg stellte für die Aufführungen die Bühnenbilder, Figuren und Kostüme her.

Zum Theaterstück „Modenschau“

Gerda Voith von Voithenberg

Gerda Voith von Voithenberg

Gerda Voith von Voithenberg

Ausstellung „Die Freie Gruppe Bayreuth“ 1951 – 1981

Die Ausstellungseröffnung zur „Freien Gruppe Bayreuth“ fand am 23.10.2016 statt. Die Ausstellung kann im Alten Barock-Rathaus Bayreuth bis zum 26.2.2017 besichtigt werden. Zur Ausstellung ist ein hervorragender Katalog als begleitende Publikation mit den Forschungsergebnissen zur „Freien Gruppe“ erstellt worden, der von der Voith von Voithenberg Stiftung großzügig mit finanziert wurde. Die V. v. V. Stiftung hat sich u. a. zum Ziel gesetzt, das was sich nach dem 2. Weltkrieg in der Familie künstlerisch zum Teil mehr oder weniger im Verborgenen entwickelt hat, an die Öffentlichkeit zu bringen und die mutige, erste freie Künstlervereinigung – „Freie Gruppe“ in Bayreuth in den Mittelpunkt der Tätigkeit zu stellen. Gerda Voith von Voithenberg hatte seit 1951 Kontakt zu der Gruppe und stellte seit 1955 mit der „Freien Gruppe“ Bayreuth über 10 Jahre ihre Bilder aus und so ist die Aufarbeitung dieser gesamten Gruppe von bildenden Künstlern und deren Wirken für Bayreuth ein logischer Schwerpunkt in der Stiftungsarbeit. Klicken Sie hier um weitere Informationen zur Freien Gruppe zu erhalten.